Apotheken-Reform-Gesetz - Stellungnahme BVDVA

Apotheken-Reform-Gesetz - Stellungnahme BVDVA

30.06.2024 Meldungen

Der Bundesverband Deutscher Versandapotheken nimmt zu dem genannten Entwurf wie folgt Stellung.

Punkt Vergütung/Skonto/Fixum

  • Der BVDVA vertritt die Auffassung, dass eine Reform nicht alle gleich schwach machen sollte. Wenn am Ende keiner mehr stark ist, und alle nur schwächer werden, ist niemandem geholfen – den Patientinnen und Patienten am allerwenigsten. Nutznießer der Reform werden jedenfalls nicht die so genannten Landapotheken sein, die zur Versorgung in der Fläche erwünscht sind. Es wird bei der vorherrschenden und geplanten Vergütungssituation kein ausreichender Anreiz geschaffen, dass zusätzliche Arzneimittelabgabestellen mit verringerten Pflichten eingerichtet werden. Diese führen fast zwangsläufig auch zu einem beschränkten Versorgungsumfang, der nicht ausreicht, die Basiskosten zum Betrieb einer solchen Ausgabestelle zu erwirtschaften.
  • Die geplante Fixum-Erhöhung selbst reicht nicht aus, um das Abschmelzen der relativen Vergütung auszugleichen. Die verschlechterte wirtschaftliche Situation der Apotheken führt ohnehin schon zu einer allgemeinen Abwertung der Kreditwürdigkeit, die gepaart mit dem gestiegenen Zinsniveau dazu führt, dass die Kosten für die notwendige Vorfinanzierung von hochpreisigen Arzneimitteln zu Lasten der GKV mehr als die bestehende Marge aufzehrt.
  • Von einem Inflationsausgleich ist die Erhöhung des Fixzuschlags ohnehin weit entfernt. Damit sind auch die Mitarbeitenden in den Apotheken bei unterdurchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten von der allgemeinen Tarifentwicklung abgekoppelt.
  • Bzgl. der angedachten Verhandlungen zwischen Spibu und DAV: Diese haben bisher erfahrungsgemäß zu keinen verwertbaren Abschlüssen geführt, die die berechtigten Interessen der Apotheker würdigen. Praktisch jedes Mal muss die Schiedsstellen angerufen werden, die zusätzlichen Zeitverzug in die Vertragsverhandlungen bringt. Die Lasten dadurch liegen allein auf Seiten der Apotheken. Sollte dieser Weg weiter verfolgt werden, wäre es zielführend, den DAV zu verpflichten, Fach- und Spezialverbände in die Verhandlungen mit einzubinden.
  • Skonto – eine Regelung zur Wiederherstellung der bisherigen Handhabung kostet kein neues Geld. Der Großhandel ist nach dem BGH-Urteil Nutznießer von Mitteln, die bisher bei den Apotheken lokalisiert waren. Eine schnelle Lösung wird zur Stabilisierung der finanziellen Lage der Apotheken dringend benötigt. Das sollte rasch und unbürokratisch noch vor dem weiteren Verfahren des ApoRG auf dem Verordnungswege gelöst werden.
  • BVDVA-Forderung: Apotheken sollten Rabatte eigenständig verhandeln können!

FAZIT: Der BVDVA ist überzeugt, dass Umschichtungen und die Absenkung des prozentualen Aufschlags so nicht den gewünschten Erfolg bringen können. Vorstellbar wäre, sollte sich die Politik für die Absenkung auf 2,5 bzw. 2 Prozent final entscheiden, zur Kompensation der stark gestiegenen Refinanzierungskosten eine taggleiche Abrechnung mit den Kostenträgern. Sie ist durch die Einführung des E-Rezepts möglich und würde den Vorfinanzierungsbedarf reduzieren. Für die GKV hätte dies ebenfalls Vorteile, weil sie im Bereich der Rabattverträge ihre Abrechnungen mit den Herstellern/PU früher durchführen könnte.


Punkt pharmazeutische Dienstleistungen | apothekenübliches Sortiment

  • Geld aus den pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) zu nehmen, kann nicht das Ziel sein. Die angestoßene Verbesserung der pharmazeutischen Versorgung muss für die Telepharmazie zugänglich gemacht werden, um den Mehrwert in der Versorgung effizient leisten zu können. Dann erfolgt auch eine sinnvolle Verwendung der Mittel. Für die reguläre Erbringung der Leistung in der Offizin-Apotheke sind die pDL unterfinanziert. Deshalb können Offizin-Apotheken die Leistung auch nicht im avisierten Umfang kostendeckend erbringen.
  • Mit der geplanten Reform sollte das Apothekenrecht auch dahingehend angepasst werden,  dass eine Ausweitung des apothekenüblichen Sortiments möglich wird. Das sichert den Apotheken entsprechende Einnahmequellen.

FAZIT: Der BVDVA plädiert dringend für eine Ausweitung der Telepharmazie. Das gilt im Übrigen auch für das vorgelegte „Gesunde-Herz-Gesetz“. Wir setzen uns dafür ein, Apotheken bzw. Telepharmazie in die Prävention und Früherkennung von Erkrankungen, wie Herz-Kreislauf- Erkrankungen und Diabestes, durch weitere pDL einzubinden.


Apotheke „light“ | Rechtsformreform

  • So tiefgreifende Strukturveränderungen wie eine Apotheke ohne Apotheker – wäre aus BVDVA-Sicht der vierte oder gar fünfte Schritt in einer anders nicht abwendbaren Mangelsituation. Was sind die „milderen/geeigneteren Mittel“ für einen Bürokratieabbau zur Effizienzsteigerung davor, ohne bewährte Versorgungsstrukturen zu zerstören? Jedenfalls ist der Entwurf, so radikal er ist, in vielen Details nicht zu Ende gedacht. Reduzierte Anwesenheitspflichten für Approbierte stehen so in Widerspruch zu den geltenden formalen Anforderungen an die Arzneimittelabgabe. Da ist zum Beispiel der Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer Verordnung beim Apotheker zu nennen, die nicht in der Apotheke verbleibt.
  • Der Ansatz, den PtA-Beruf stärken und attraktiver gestalten zu wollen, ist angesichts der Personalsituation zu befürworten. Eine Erweiterung der Kompetenzen sollte aber mit einer Zusatzausbildung unterfüttert werden. Vorstellbar wäre ein berufsbegleitendes Bachelor-Studium z.B. an einer Berufsakademie mit dem Ziel, die in den kommenden Jahren aus dem Berufsleben ausscheidenden Pharmazie-Ingenieure und Ingenieurinnen in unseren Betrieben ersetzen zu können. Die Kompetenzen könnten dann für diese Bachelor-PtA ähnlich gesetzt werde.
  • Grundsätzlich auf das Thema Fachkräftemangel einzugehen bzw. dadurch darauf verstärkt aufmerksam zu machen, ist gut.
  • Für den BVDVA gehört eine Reform der Apotheken-Rechtsform dazu. Jungen Menschen sollte der Heilberuf der Offizin-ApothekerIn dadurch schmackhaft gemacht werden, dass sie mit weniger Haftungsrisiko und der realistischen Aussicht auf eine Inhaberschaft starten können. Analog zu dem Eintritt einer jungen Rechtsanwältin/eines Rechtsanwalts als Kanzlei-Partner. Eine „Heilberufe-GmbH“ wäre hierfür das geeignete Mittel. Das gilt auch für Betriebsübergaben in der Zukunft. Volle Haftung und volle pharmazeutische Verantwortung bei null unternehmerischer Freiheit ist keine dauerhaft tragfähige Lösung.
  • Gerade die spezialversorgenden Apotheken haben große Investitionen in die Bereiche der GMP-Labore aber auch der Logistik zu tätigen. Um die Investitionsfreude und damit den Versorgungsstandard aufrecht erhalten zu können, würde die Heilberufe-GmbH eine echte Zukunftssicherung darstellen, die noch dazu für die Solidargemeinschaft der Versicherten kostenfrei wäre.

FAZIT: Der BVDVA lehnt eine Apotheke, „light“, ab. Die will niemand – Entprofessionalisierung im Gesundheitswesen ebenfalls nicht. Eine neue Rechtsform für Apotheken wäre hingegen zukunftsweisend!




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