bevh: Neuerungen im Wettbewerbsrecht und immer noch kein Ende des Abmahnunwesens


25.11.2015 Kooperationspartner

Seit Jahren sehen sich die Interaktiven Händler einer immensen Belastung, durch überbordende Informationspflichten, gegenüber. Die stetig zunehmenden Formalismen bei der Gestaltung von Onlineshops oder Versandkatalogen, aufgrund steigender Regulierungen der Branche, erfordern von den Händlern erhöhte Aufwendungen. Zudem werden sie großen finanziellen Risiken ausgesetzt, wenn sie von Mitbewerbern, auf Abmahnungen spezialisierten Anwälten oder professionellen Abmahnvereinen wegen eines formellen Verstoßes abgemahnt werden. Diese untersuchen gezielt Onlineshops und schriftliche Angebote auf eventuelle rechtliche Formfehler oder Lücken in Rechtstexten. Werden sie fündig, so gehen sie oftmals systematisch und mit standardisierten wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen gegen den betroffenen Händler vor.

Bei vorliegendem Rechtsverstoß kann der Abmahnende neben einer sogenannten Unterlassungserklärung auch Gebühren für die entstandenen Aufwendungen vom Händler verlangen. Aufgrund dessen und der Möglichkeit, vom Abgemahnten bei einem weiteren Verstoß eine Vertragsstrafe zu erhalten, ist die Abmahnung für den Abmahnenden finanziell attraktiv. Diese Attraktivität spiegelt sich in der Vielzahl von wettbewerbsrechtlichen Streitfällen wieder, die ständig die deutschen Gerichte beschäftigen.

Erschwert wird die Situation durch eine Besonderheit des deutschen Wettbewerbsrechts: den sogenannten Fliegenden Gerichtsstand. Dieser bewirkt, dass der Abmahnende den Onlinehändler nicht an seinem Sitz verklagen muss, sondern an jedem Ort in Deutschland Klage erheben kann, an dem der Onlineshop aufgerufen werden kann. Faktisch kann sich der Abmahnende damit ein zuständiges Gericht aussuchen, von dem er weiß, dass es in vergleichbaren Fällen in seinem Interesse entschieden hat, oder etwa eines, das für den Händler besonders hohe Anreisekosten verursacht.

Der deutsche Gesetzgeber ist sich seit Jahren dieser massiven wirtschaftlichen und personellen Belastung des Onlinehandels durch die deutsche Abmahnindustrie bewusst. Dennoch hat er bis heute keine ernsthafte Absicht gezeigt, dem zunehmenden Missbrauch dieses Rechtsinstituts wirksam abzuhelfen. So wurde etwa auf wiederholte Forderungen, sowohl seitens des bevh und weiterer Wirtschaftsverbände als auch des Bundesrats, den fliegenden Gerichtsstand im Rahmen der letzten UWG-Novelle aufzuheben, nicht eingegangen.

Der bevh hat im Zuge dessen verschiedene Ansätze entwickelt, die zu einer Reduzierung der Belastung des Handels durch unangemessene wettbewerbsrechtliche Abmahnungen führen können: „Abgesehen von der Reduzierung des finanziellen Anreizes durch eine Deckelung der Anwaltsgebühren und der Aufhebung des Fliegenden Gerichtsstandes, fordern wir eine klarere Definition der missbräuchlichen Abmahnung durch den Gesetzgeber“, so bevh-Justiziarin Stephanie Schmidt.

Diese Pressemitteilung und das Forderungspapier können Sie hier nachlesen.


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